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"Zum Alten Krug" um 1920

Es ist schon manches über Bier geschrieben worden. Von den Schankstuben jedoch, in denen es ausgegeben wurde, ist wenig bekannt. Es gibt in Berlin nur noch wenige Lokalitäten, die das Auf und Ab dieser Stadt in mehreren Jahrhunderten miterlebt haben und einst das Bild Berlins prägten bzw. deren Vororte. Berlin kann kein "Wirtshaus im Spessart" und keine "Lindenwirtin" bieten, wohl aber kann der einstige Vorort Berlins -Rudow- mit dem Lokal "Zum alten Krug" aufwarten.

Dieses Lokal, auch Dorfkrug genannt, ist eines der letzten Baudenkmäler Rudows. Kaum ein Rudower, der dort noch nicht sein Bier getrunken oder "gut bürgerlich" gegessen hätte. Dieses ausgesprochen gemütliche Lokal liegt in der Straße Alt-Rudow Ecke Köpenicker Straße.

Erstmalig erwähnt, aber ohne Standortangabe, wird dieses historische Lokal im Jahre 1372 in einem Landbuch. Hierin wird unter anderem erwähnt, daß die Pacht des Kruges zehn Schillinge beträgt, abzuführen an Dusiken.

Vermutlich ist der Krug noch älter als die Dorfkirche. Er wird einst Kern Rudows gewesen sein, woran sich dann wohl in einer planmäßigen Kolonisation das Dorf Rudow angeschlossen hat.

Viele Wege führten nach Rudow. Der "Alte Krug" war beispielsweise Haltestelle für alle Reisenden, die über Königswusterhausen nach Schlesien reisen wollten. Die Köpenicker Straße, die vom Osten über Köpenick durch die Sümpfe nach Rudow und von dort über den Teltow in den Westen weiterführte, bot zu damaliger Zeit den Kaufleuten wenig Sicherheit. Die als Wegelagerer auftretenden Raubritter machten den fahrenden Kaufleuten das Leben zur Hölle. Wie ein arabischer Händler berichtete, ließ man die Reisenden auf die Knüppeldämme der Sümpfe um Köpenick einfahren, nahm dann die Hölzer vor und hinter den Pferdefuhrwerken weg und plünderte die festsitzenden Kaufleute in aller Seelenruhe aus.

Wie froh wird man da gewesen sein, wenn nach überstandenen Gefahren im Krug Quartier gemacht werden konnte. Nach alter Sitte wurden zunächst die Pferde ausgespannt und versorgt, ehe man sich dem Bier zuwandte und regen Tauschhandel betrieb.

Viel "Prominenz" verkehrte im "Alten Krug". Friedrich II. hatte seine eigenen Pferde hier stehen und weilte als Gast in dem kleinen Haus, wenn er auf dem Ritt zum Jagdschloß Königswusterhausen war.
Auch der Kirchenlieddichter Paul Gerhardt übernachtete hier auf hartem Lager. Ist in diesem historischen Gemäuer vielleicht ein Kirchenlied zu Papier gebracht worden? Zumindest eines ist in Rudow entstanden: In der Rudower Mühle entstand der Choral "Befiehl du deine Wege".

Nicht zuletzt kehrten Reiter und Kutscher der Berliner Post in dem alten Haus ein, um nach kurzer Rast weiterzupreschen.

Am Sonntag, dem 15. Dezember 1799, wurde die vorweihnachtliche Stille jäh im friedlichen Dorf unterbrochen, als das Geläut der Sturmglocke Feuer verkündete. Viele Gebäude brannten ab, begünstigt durch einen heftigen Ostwind und trockene Kälte.

Auch der "Alte Krug" wurde nicht verschont, er brannte bis auf die Grundmauern ab. 1802 wurde er wieder für 2263,23 Taler, darunter ein Zuschuß von 90 Talern seitens der Kreiskasse, von Christian Mette aufgebaut.

Nach dem Separations-Rezeß im Juni 1850 besaß das Kruggut 208,77 Morgen, davon waren 169,3 Morgen Acker, 72,176 Morgen Wiese, Hütung 23,67 Morgen und Wege 3,11 Morgen.

Das also war die Geschichte des Kruges, der seit seinem Wiederaufbau im Jahre 1802 nur zur wenige Änderungen erfahren hat.

Die Änderungen bestanden im wesentlichen in dem Ausbau eines Ladens (heute Fotogeschäft) und in der Bebauung des angrenzenden Biergartens. Letzteres ist ganz besonders zu bedauern.

Fritz Grötchen wurde am 13.7.1889 geboren. Er führte den Dorfkrug von 1926 bis 1937.

Herr Grötchen war eigentlich mehr unter seinen Spitznamen "Der grobe Gottlieb" bekannt. Von seinen Gästen wurde er auch nur liebevoll "Grober" genannt. Viele Anekdoten machen in Rudow immer noch die Runde, obwohl er schon seit dem 6.6.1937 tot ist. Eine kleine Kostprobe: "Grober, drei Bier!" "Nee, ich steh’ jetzt nicht auf, hier haste ’ne Mark, geh nach Schütze (Lokal "Alt-Rudow 71") und hole drei Bier." Das Bier von der Konkurrenz wurde dann im eigenen Lokal getrunken.

Diese grobe, rustikale Art brachte ihm dann seinen Spitznamen ein. Es gehörte zu seinem Flair und hatte für das Lokal "Zum alten Krug" einen nicht zu unterschätzenden Werbeeffekt, der diesem Wirt nicht nur viele Gäste aus Rudow und nähere Umgebung einbrachte, sondern auch Persönlichkeiten aus ganz Berlin.


Das Lokal "Zum alten Krug" um 1939

Besitzverhältnisse des Kruges:

???
? - ????: Schultze
???? - 1688:
Jakobus Metten, Schwiegersohn des Vorgenannten
1688 - 1692:
Witwe Anna Metten, geborene Schultze
1692 - 1693:
Peter Eggert, Schwiegersohn der Vorgenannten
1693 - ????:
Witwe Anna Eggert, geborene Metten
1693 - 1731:
Peter Krüger, zweiter Ehemann der Vorgenannten
1737 - 1770:
Friedrich Ludwig Krüger, Sohn der Vorgenannten
1770 - 1789:
Christian Michael Krüger, Sohn der Vorgenannten
1789 - 1795:
Witwe Doroth. Frieder. Krüger, geborene Pechuel, verehelicht mit Christian Ludwig Mette
1795 - 1809:
Christian Ludwig Mette und seine Erben
1809 - 1817:
Friedrich Ludwig Krüger, Stiefsohn des Vorgenannten
1817 - 1840:
Witwe Doroth. Sophie Krüger, geborene Massante, verehelicht mit Johann Christoph Schmidt
1840 - 1866:
Friedrich Ludwig Krüger, Sohn von Christoph Schmidt
1866 - 1895:
Carl Friedrich Wilhelm Krüger, Sohn des Vorgenannten
1895 - 1915:
Witwe Auguste Louise Henriette Krüger, geborene Ziednick
1915 - 1924:
Krügers Erben
1924 - 1962:
Wilh. Karl Alfred Krüger, Bruder des Vorgenannten
1963 - ????:
Gerhard Krüger ist mit Ausnahme des Lokales Besitzer des Hauses. Wann genau das Lokal veräußert wurde, ließ sich nicht mehr ermitteln.


Wirte ab 1927:

1927 - 1937:
Fritz Grötchen. Ein Rudower Original, bekannt als "Der grobe Gottlieb"
1937 - 1955:
Gertrud Grötchen
1955 - 1968:
Anna Strzelczyk
1969 - 1971:
Willi Hameister
1971 - 1986:
Wolfgang Berek
1986 - 2012:
Johannes Bernrieder
2012 - ????:
Jasmin Plantikow

  


"Zum alten Krug" - 1998

Aus "Rudower Geschichte und Geschichten"
von Dietmar Ephan